DIE TSCHERKESSEN

Wer sind die Tscherkessen?

Kurden, Aleviten, Armenier – von ihnen hat jederschon einmal gehört. Aber wer sind eigentlich diese Çerkez? Die Tscherkessen, so im Deutschen, sind vor allem deine nächste Gelegenheit bei Scrabble drei S loszuwerden. Und wenn die anderen dann behaupten, das Wort gebe es nicht, dann bekommst du hier die passende Antwort.

Ursprünglich sind die Tscherkessen im Nordkaukasus beheimatet. Der Begriff Tscherkessen ist ein Sammelbegriff für zwölf Stämme, welche verschiedene Dialekte und Sprachformen sprechen. In Ihrer eigenen Sprache bezeichnen sie sich in ihrer Einheit als Adyge.

Die Tscherkessen sind eines der ältesten Völker Europas. Seit Jahrtausenden leben sie in den Bergen des Nordwestkaukasus, den angrenzenden Steppen und an der Küste des Schwarzen Meeres. Schon in der antiken Welt nennt Herodot um 400 v. Chr. die Adygen, doch bis heute sind sie kaum erforscht und ihre faszinierende Kultur ist Außenstehenden fast unbekannt. Als Tscherkessen oder Circassier erschienen sie in den historischen Quellen Europas und Vorderasiens, selber nennen sie sich Adygen. Die Tscherkessen gehörten im 19. Jahrhundert zu den bekanntesten Völkern in ganz Europa. Sie wurden als Krieger und Reiter bewundert und für Ihre Schönheit, Eleganz und Tapferkeit gerühmt.

Durch die Kriege im Nordkaukasus von 1763 bis 1864 kam der Ruf als unbesiegbare Freiheitskämpfer hinzu, da die Tscherkessen den überlegenen Russen im Kaukasus am längsten Widerstand leisten. Das 3 Millionen große Volk der Tscherkessen verlor schließlich im Mai 1864 den 200-jährigen Verteidigungskrieg gegen das Zarenreich und wurde zum größten Teil aus ihrer Heimat vertrieben. Hunderttausende kamen auf hoher See, auf dem Balkan und in Anatolien durch Hunger und Seuchen ums Leben. Heute leben ca. 3 Millionen Tscherkessen in der Diaspora verteilt auf mehr als 70 Länder in Gemeinschaften und haben eine gemeinsame symbolische Flagge. Nicht viel besser erging es den Verbliebenen in der historischen Heimat. Sie wurden zum Teil umgesiedelt und endwaffnet. Nach der Vertreibung der Tscherkessen im Jahre 1864 aus ihrer Heimat Kaukasus , wurden sie in mehr als 100 Ländern der Welt verteilt , sie leben mit verschiedenen Völkern seit mehr als 150 Jahren zusammen und haben in dieser Zeit viel Erfahrung bei der Integration in den Gesellschaften gewonnen, sie haben jedoch ihre Sprache und Traditionen aufrechterhalten, ohne ihre Identität zu verlieren.

Die Bezeichnung Tscherkessen blieb aber werbewirksam. Alle drei kaukasischen Völkerschauen oder Reiterspiele, die 1900, 1928 und 1932 in Hamburg stattfanden, wurden unter dem Titel „Tscherkessen“ beworben, obwohl die Darsteller Angehörige anderer kaukasisischer Völker waren und sich unter ihnen kaum Tscherkessen befanden. In den 50er und 60er Jahren wurden noch einige Spielfilme produziert, deren Titel den Begriff „Tscherkessen“ beinhalteten, aber allmählich geriet das einst berühmt Volk in Vergessenheit.

Im Orient wurden Tscherkessen schon seit vielen Jahrhunderten hochgeschätzt. Die Männer bildeten Eliteeinheiten, Tscherkessinnen waren wegen ihrer Schönheit als Haremsdamen sehr begehrt. Viele hohe Persönlichkeiten des Orients hatten deshalb tscherkessische Mütter.

Traditionelle Kleidung der Tscherkessen: Männer trugen eine Tschocha, darunter ein Hemd, eine Papacha oder eine Filzmütze. Frauen trugen privat ein verziertes Blusengewand mit falscher Hemdfront vorn und eine Pluderhose, zu der ein Kaftan ähnlicher Leinenumhang kam und je nach festlichem Anlass und Kälte noch eine bestickte Kappe. Gesichtsschleier waren nicht üblich. Auffällig waren verzierte hohe Holzsandalen. Diese Tracht wird heute nur noch in entlegenen Regionen, von älteren Menschen oder zu Festen getragen.

Der Traditionelle Tanz der Tscherkessen: Die „Tscherkessentänze“ die wir heute sehen, werden bei Hochzeiten und Veranstaltungen praktiziert, sowohl im Kaukasus als auch in der Diaspora. Akkordeon und Dole (Trommel) sind die unentbehrlichen Musikinstrumente der tscherkessischen Musik. Sie geben den Takt an, nicht nur bei den mitreißenden Tanzdarbietungen, sondern auch als Untermalung der vielfältigen Gesänge. Als Verkörperung uralter Traditionen geben Musik und Tanz zudem einen tiefen Einblick in das tscherkessische Lebensgefühl. Viele Tänze wurde vergessen und einige wurde in neue Formen modifiziert. Früher gab es auch Sänger, die eher romantische, melancholische und heroische Gesänge vortrugen, aber auch Gesänge des kaukasischen Narten-Epos, Volkslieder, Märchen, Witze, satirische und Lobgesänge. Zu ihren Aufgaben gehörte auch die Leitung von Banketten und Tanzpartys. Die Tscherkessen setzten beruhigende Musik, Rituale und motivierende Ansprachen auch zur Therapie Verwundeter ein.

In der Regel bilden Männer und Frauen einen Kreis, wobei sich die Frauen und die Männer jeweils in einer Reihe gegenüberstehen. Von der männlichen Leitperson (Organisator) wird ein Tänzer und von der weiblichen Leitperson (Tanzleiterin) wird eine Tänzerin aufgefordert, die dann zur Musik tanzen: mit dem Qafe (Der Tanz beim ersten Treffen oder Tanz beim ersten Date), einem einfachen Tanz zeigt man das gegenseitige Interesse, um die Ehre, den Stolz und die Selbstachtung beim Kennenlernen abzuschätzen. Nach dem ersten Kennenlernen kommt der Sheshen Tanz. Dieser Tanz ist sehr sportlich, elegant und akrobatisch, bei dem der Mann seine körperliche Kraft, Ausdauer und Geduld zeigt, die der Frau die Möglichkeit zur Bewunderung und zum Abbau der Scheu gibt. Zum Schluss kommt der Rinna Tanz, ein ruhiger Tanz mit langsamen Schritten, bei dem der Mann die Tanzpartnerin anfassen darf. Mit diesem alten Ritual wird der Tanz beendet. Der sehr langsame Tanz war vor allem im Adel beliebt, wo er auch Rittertanz genannt wurde.